Der gefährliche Mitbewohner
Stockflecken auf Tapeten, schwarze Flecken auf Wandoberflächen, Fugen, Fußboden oder ein muffiger Geruch sind häufige Warnzeichen für Schimmelpilzvorkommen in Gebäuden. Davon betroffen sind nicht nur ältere Gebäude. Gerade neue oder renovierte Gebäude sind heutzutage durchaus von Schimmelpilzbefall betroffen – auch durch ihre dichte Bauweise. Häufigste Ursache für das Wachstum von Schimmelpilzen in Gebäuden ist erhöhte Feuchtigkeit, die aufgrund hoher Restfeuchte aus der Bau- oder Renovierungszeit im Innenbereich stammt, durch Baumängel entsteht oder durch falsches Lüften verursacht wird.
Es ist aber keinesfalls so, dass moderne, gut gedämmte Häuser grundsätzlich ein Schimmelproblem haben, im Gegenteil! Es kommt beim „System Haus“ vor allem darauf an, dass alle Komponenten zueinanderpassen und das Haus entsprechend „bedient“ wird. Aufgrund der stetig steigenden gesetzlichen Anforderungen an die Energieeffizienz eines Gebäudes wurde in den letzten Jahren die Verbesserung der Dichtigkeit der Gebäudehülle als häufigste Energieeinsparmaßnahme durchgeführt. Bei einem luftdichten Gebäude wird, ohne weitere Maßnahmen, die einmal ins Gebäude eingebrachte Feuchtigkeit kaum mehr nach außen abtransportiert. Als Konsequenz muss umso mehr Sorgfalt darauf verwendet werden, damit keine Bereiche entstehen, die durch erhöhte Feuchte das Wachstum von Schimmelpilzen und anderen Mikroorganismen begünstigen oder sogar fördern.
Schimmelpilze sind ein weit verbreiteter Bestandteil unserer natürlichen Umgebung. Ihre Sporen sind nahezu überall in der freien Natur und auch in Innenräumen anzutreffen. Bis heute sind über 100.000 Schimmelpilzarten beschrieben. Wie groß die Bandbreite dieser Arten ist, zeigen einige Beispiele. Fähigkeiten und Eigenschaften der Schimmelpilze können durchaus positiv sein, etwa bei der Herstellung von Lebensmitteln. So werden Schimmelpilze einerseits bei der Herstellung der Weichkäsesorten Roquefort (Penicillium roque forti) und Camembert (Penicillium camemberti) eingesetzt und sind da völlig unbedenklich. Andererseits können Gesundheitsrisiken für den Menschen entstehen durch den Verzehr von schimmelpilzbefallenen Lebensmitteln, die Giftstoffe, sogenannte Mykotoxine, erzeugen. So kann der Schimmelpilz Aspergillus flavus, der oft Nässe und Gewürze befüllt, Aflatoxin B 1 erzeugen. Dieser Giftstoff kann Leberkrebs verursachen und ist einer der stärksten krebserregenden Stoffe überhaupt.
Schimmelpilze bilden typischerweise Pilzfäden und Sporen. Sie bestehen im Wesentlichen aus dem Mycel, einem Geflecht der einzelnen Pilzfäden, den sogenannten Hyphen. Das Mycel ist meist farblos und daher vom Augenschein her kaum zu erkennen. Trotzdem stellt es in der Regel den weitaus größten mengen und auch volumenmäßigen Anteil des gesamten Schimmelpilzbewuchses dar. Daneben bestehen die Schimmelpilze aus den Sporenträgern und den oft gefärbten und damit optisch erkennbaren Sporen. Das, was wir an einer feuchten Kellerwand als Schimmelpilz identifizieren, sind häufig lediglich die kräftig gefärbten Sporenpakete. Das ist auch ein Grund dafür, dass vom Augenschein her nicht zu erkennen ist, welcher Bereich, z. B. eines Wandputzes, tatsächlich mit Schimmelpilz bewachsen ist und ggf. bei einer Sanierung entfernt werden muss.
Durch ihre Stoffwechselprozesse produzieren Schimmelpilze eine Reihe von flüchtigen chemischen Substanzen (MVOC, Microbial Volatile Organic Compounds). Diese Verbindungen sind häufig für den typischen, oft modrigen Geruch verantwortlich, den man in Räumen mit Schimmelpilzwachstum feststellen kann. Mit Messungen der MVOCÂKonzentrationen in der Raumluft kann man Hinweise auf verdeckte, optisch nicht erkennbare Schimmelpilzvorkommen erhalten, zum Beispiel, wenn sich der Schimmelpilzbefall hinter Tapeten oder hinter Schränken befindet. Eine Gesundheitsgefährdung stellen die typischen MVOCBelastungen in der Regel nicht dar.
Dafür liegen die Konzentrationen, die in Innenräumen üblicherweise ermittelt werden, mit 1 µg/m³ und weniger zu niedrig. Im Vergleich zu den MVOC liegen Belastungen von ähnlichen flüchtigen Stoffen, die durch Emissionen von Baustoffen hervorgerufen werden, zum Beispiel von Lösemittelbelastungen aus Klebern, häufig um mehrere Größenordnungen darüber.
Insgesamt hängt von der Art des Pilzes, der Intensität des Befalls und der Empfindlichkeit der betroffenen Person ab, welche gesundheitlichen Probleme Schimmelpilze verursachen können. Generelle Aussagen sind schwierig, andererseits sollte man gerade bei unspezifischen Beschwerden oder anhaltenden Problemen eine Belastung durch Schimmelpilze in Betracht ziehen.
Möglicher Beeinträchtigungen durch Schimmel
- Atemwegserkrankungen: Aus verschiedenen Studien ist bekannt, dass Menschen, die sich über eine längere Zeit in schimmelbelasteten Räumen aufhalten, ein erhöhtes Risiko für unterschiedliche Atemwegserkrankungen wie Husten, keuchende Atemgeräusche und Atemnot haben. Auch die Symptome von bereits bestehendem Asthma können sich verschlimmern. Es gibt Hinweise, dass auch Bronchitis und allergische Rhinitis (Heuschnupfen) in schimmelbelasteten Räumen häufiger auftreten, allerdings sind diese Hinweise noch nicht eindeutig belegt. Denn bis heute gibt es noch keine abgesicherten Aussagen, die belegen, von welcher Schimmelpilzbelastung welches Risiko ausgeht. Bekannt ist aber, dass schon ein längerfristiger Aufenthalt in feuchten Innenräumen auch ohne erkennbares Schimmelpilzvorkommen zu einem erhöhten Risiko für Erkrankungen der Atmungsorgane, einer Atemwegsinfektion oder einer Verstärkung vorhandener Asthmaerkrankungen beiträgt. Das bedeutet, dass zum Beispiel das Schlafen in nicht ausreichend gedämmten und feuchten (Keller)Räumen auf Dauer ein Risiko für die genannten gesundheitlichen Beeinträchtigungen mit sich bringt.
- Unspezifische Symptome: Häufig klagen Raumnutzer in von Schimmelpilz befallenen Innenräumen auch über unspezifische Symptome. Etwa Reizungen der Augenbindehaut, Hals und Nasenschleimhaut sowie Husten, Kopfschmerzen oder Müdigkeit. Treten diese Probleme gehäuft in einem Gebäude auf, ist häufig vom SickBuildingSyndrom die Rede. Dieser Überbegriff wird verwendet, wenn vermehrt Menschen über die beschriebenen unspezifischen Symptome klagen. Oft ist auch eine Kombination mehrerer Faktoren die Ursache.
- Sensibilisierung und allergische Reaktionen: Sowohl Schimmelpilzsporen wie auch Bruchstücke von abgestorbenen Schimmelpilzen sind bei sensibilisierten Personen in der Lage, allergische und reizende Wirkungen hervorzurufen. Da für Allergietests bis heute nur eine unzureichende Anzahl von geeigneten Testallergenen zur Verfügung stehen, wird die Schimmelpilzbelastung häufig bei medizinischen Untersuchungen nicht als Auslöser für eine Allergie identifiziert. In einer umfangreichen Darstellung der Kommission „Methoden und Qualitätssicherung in der Umweltmedizin“ wird angegeben, dass die Häufigkeit von Allergien, die durch Schimmelpilze in der Außen und der Innenraumluft hervorgerufen werden, in der Gesamtbevölkerung zwischen drei und zehn Prozent liegt. Das Umweltbundesamt berichtet in seiner Publikation zum KinderUmweltSurvey von 2003 bis 2006, dass rund 6 Prozent der 1.790 getesteten Kinder im Alter zwischen drei und 14 Jahren Antikörper gegenüber mindestens einem der getesteten Innenraumschimmelpilze aufwies.
- Infektionskrankheiten: Wenn auch nur selten, so sind Schimmelpilze doch in der Lage, bei immungeschwächten Personen Infektionskrankheiten (systemische Mykosen) durch Befall innerer Organe zu verursachen. Dabei werden die Schimmelpilzsporen über die Atmung aufgenommen und im Körper verteilt, bevor sie in einem oder mehreren Organen zu Erkrankungen führen. Die Lunge ist bei dieser Erkrankungsform das am häufigsten betroffenen Organ. Betroffen sein können Menschen nach einer schweren Operation, nach einer Chemotherapie oder nach einer Transplantation.
Wie Sie Schimmel vermeiden können
Ohne Feuchtigkeit kein Schimmel! Wer diesen Grundsatz berücksichtigt, hat schon den wichtigsten Schritt getan, um einen übermäßigen Schimmelbefall im Haus zu vermeiden. Um die Zusammenhänge zu verstehen, muss man etwas in die Bauphysik eintauchen. Denn es ist ein Märchen, dass besonders gut gedämmte Gebäude besonders anfällig für Schimmelbewuchs sind. Vielmehr tritt Schimmel bei schlecht gedämmten Häusern dort auf, wo besonders kalte Stellen, sogenannte Wärmebrücken, existieren. Das sind zum Beispiel Fensterlaibungen, Raumecken an Wänden und Decken, Anschlüsse von Balkonen, Heizkörpernischen, Wände hinter großen (Einbau)Schränken und andere Stellen. Bei kalten Außentemperaturen und/oder bei schlecht geheizten Räumen kann sich an diesen Stellen Feuchtigkeit aus der Raumluft niederschlagen. Geschieht dies dauerhaft, finden die Schimmelpilze hier die wichtigste Grundlage, um zu wachsen. Im Umkehrschluss heißt das, an warmen, gut gedämmten Wänden ohne Wärmebrücken schlägt sich Feuchtigkeit viel seltener dauerhaft nieder, also wächst hier auch kein Schimmel.
Problematisch ist allerdings eine dauerhaft hohe Luftfeuchtigkeit, die zum Beispiel beim Baden und Duschen, in der Küche oder auch durch das Trocknen von Wäsche im Haus entsteht. Wird dann nicht ausreichend gelüftet, steigt der Feuchtegehalt in der Raumluft stark an und kann zu dem oben genannten Effekt des Feuchtigkeitsniederschlags führen. Auch hier gilt der Umkehrschluss: Häuser mit einer gut dimensionierten, korrekt geregelten und regelmäßig gewarteten Lüftungsanlage sind durch den kontrollierten Luftaustausch sehr gut gegen Schimmelbefall geschützt. Auch eine ausreichende Lufttemperatur gehört zur Schimmelprophylaxe. Wer zum Beispiel in einem kalten Zimmer schläft, läuft Gefahr, dass sich durch die ausgeatmete Feuchtigkeit Schimmel bilden kann. Auch kalte, ungeheizte Zimmer, die durch offenstehende Türen „mitgeheizt“ werden, sind anfällig für Schimmelpilzbewuchs.
Eine schnelle, trockene Bauweise, zum Beispiel Holztafelbauweise mit einem hohen Vorfertigungsgrad, ist eine wichtige Komponente für ein schimmelfreies Haus. Denn bei Massivbaustoffen kommen teilweise durch das Mauerwerk selbst, den Mörtel und Betonbauteile wie Decken oder Treppen viele hundert Liter Wasser in den Rohbau, die über Wochen und Monate umständlich abgelüftet werden müssen (daher auch der Begriff des Trockenwohnens). Gerade im Winter ist dies eine Herausforderung, der nicht jedes Bauunternehmen gewachsen ist. Auch wird heute konventionell wesentlich schneller gebaut, sprich der Rohbau kann nicht mehr austrocken, etwa, weil die Fenster bereits kurz nach dessen Fertigstellung eingesetzt werden. Wird dann nicht konsequent gelüftet beziehungsweise mit elektrischen Trocknern nachgeholfen, zieht man als Baufamilie in ein nasses Haus ein mit einer entsprechend hohen Chance, auch schon in einem Neubau Schimmelbefall zu haben.
Fazit
Schimmel ist überall, aber nicht generell gesundheitsschädlich. Ein Auge auf die richtige Luftfeuchtigkeit im Haus und ein bewusstes Lüftungsverhalten vermeiden die meisten Probleme.